Filmtipp: Wer isst noch Viktoriabarsch?
Für jeden Fischliebhaber ist der Viktoriabarsch eine Köstlichkeit. Seit wir die Vorankündigung des Films “Darwins Alptraum“ gesehen haben, verzichten wir auf diese Delikatesse. Wir hatten schon immer Zweifel, ob es sinnvoll sei, diese wichtige Eiweißquelle aus dem Hungerland Tansania per Flugzeug hierher zu bringen, aber die filmisch dargestellten Verbrechen, die geldgierige Europäer seit über einem Jahrzehnt an einem der ärmsten Länder Afrikas begehen, überschreiten jede Vorstellungskraft. Dagegen erscheinen Pizarros Mordfeldzüge in Südamerika vor 300 Jahren wie harmlose Schlammschlachten. Das Wort „Raubtier“kapitalismus ist eine Verharmlosung; denn kein Löwe wäre zu solch einer Kette von Grausamkeiten fähig, wenn sein Hunger gestillt ist. Nur der Mensch!
Die Abwärtskaskade der Ausrottung der Afrikaner begann bereits vor 40 Jahren, als im Viktoriasee, dem zweitgrößten Binnensee der Erde, von Europäer versuchsweise Nilbarsche ausgesetzt wurden: An den vielen Kleinfischen, insbesondere an einer Art, die dafür sorgte, dass der See klar blieb, fraßen sich die Barsche dick und fett. Jetzt ist das Binnenmeer eine trübe Brühe, aus der immer wieder einmal ein Krokodil hervorschießt und einen einheimischen Fischer oder ein Kind in den Abgrund zieht.
Inzwischen haben europäische „Investoren“ hochmoderne Fischfabriken errichtet, in denen aus den 3-5 Meter langen Barschen Einheimische am Band tonnenweise Filetstücke schneiden, die eingefroren werden. Die Köpfe und Gräten landen auf riesigen Haufen.
Diese Abfälle voller Maden werden von schwarzen „Subunternehmern“ auf Gerüsten getrocknet, an die Ärmsten der Armen weiterverkauft und streng bewacht; denn elternlose Kinder, vor Hunger ausgemergelt, mit dicken Bäuchen durch die Eiweißmangelkrankheit Kwasiokor versuchen, Tag und Nacht diese Essensreste zu stehlen und sie sich gegenseitig abzujagen.
Wenn schwarze Fischer doch einmal einen Barsch fangen, bekommen sie ihn in der Fabrik natürlich viel besser bezahlt, als auf den heimischen Märkten. Ihr Geld und das der Fabrikarbeiter hat inzwischen Frauen aus dem Binnenland angelockt. Prostitution ist ihre einzige Überlebenschance. Aber sie haben Aids importiert. Seitdem ist die Sterberate am Ufer des Sees nach oben geschnellt. Doch aus dem vertrocknenden und hungernden Binnenland kommt ständig Nachwuchs.
Auf einem Behelfsflugplatz landen und starten laufend viermotorige Transportmaschinen von billigen Fluggesellschaften aus vielen Ländern Europas, wo die Qualität des tief gefrorenen Fischs hohe Preise garantiert. Die leeren Rückflüge aus Europa werden genutzt, um den Afrikanern das zu liefern, was sie besonders dringend benötigen: Waffen aller Art.
Elegant gekleidete und Vertrauen erweckende Manager aus Europa verhandeln in den klimatisierten Hotels von Donoban, Tansanias neuer Hauptstadt, mit den Regierungsvertretern, wie sich deren Renditen und Tantiemen noch erhöhen lassen.
Der militante Islam reagiert auf diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit Terror. Was haben wir Europäer 150 Jahre nach Abschaffung der Sklaverei diesem Bild von ungebrochener Habgier des weißen Menschen entgegenzusetzen? Einen Filmpreis?
Eckart Sturm