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Wald verhindert Überschwemmungen und Stürme

Gunther Brehme

„Seit dem Hurrican Katrina leben die Menschen in den USA in dem Bewusstsein, dass jetzt die Zeit gekommen ist, Konsequenzen zu ziehen.“
Al Gore

Bei jedem Hurrikan und Unwetter wird gefragt, wie sie sich verhindern lassen. Selten hört man als Antwort die wichtige Einsicht: Weltweit sollten alle das Abholzen von Bäumen und Wäldern beenden und überall wieder viele Bäume anpflanzen und Wälder aufforsten. Eigentlich wäre dies mit den heutigen finanziellen und technischen Möglichkeiten ohne weiteres durchführbar. Warum geschieht es nicht? Fehlt uns das Verständnis für die klimatischen Zusammenhänge? Oder die Weitsicht? Oder Verantwortung für die Zukunft? Oder Mut? Oder der Wille? Oder denken wir nicht über unsere Schrebergärten hinaus?

Zu diesen Fragen möchten wir eine Diskussion anstoßen.

Warum sind Bäume lebenswichtig? Jeder Mensch lebt vom Sauerstoff, den die Pflanzen und vor allem die Bäume freisetzen. Ein mittelgroßer Baum liefert – solange er Blätter trägt – Sauerstoff  (O2) für zwei bis drei Menschen. Im Gegenzug holen sich Pflanzen und Bäume für ihr Wachstum aus der Luft Kohlendioxyd (CO2); ein kleiner Teil wird von Mensch und Tier ausgeatmet, der große Rest gelangt durch Feuer in unseren Heizungen, in den Motoren unserer Autos und in den Kesseln unserer großen Elektrizitätswerken in die Atmosphäre. Seit der Entstehung des Lebens hatte sich bis weit in das 20. Jahrhundert hinein dieses Geben und Nehmen zwischen Mensch und Tier, Baum und Pflanze eingespielt. Trotz der Abholzung der Regenwälder in Australien, Brasilien, China, Indien, Indonesien und Malaysia reichte der produzierte Sauerstoff noch immer aus. Nur für ältere Menschen wird er knapper; sie wandern deshalb gern in Wald und Flur. Warum sie sich wegen der sauerstoffreicheren Luft so gut erholen, ist ihnen kaum bewusst.

Aber seit Kettensägen und Brandrodung die letzten Wälder der Welt beseitigen, fällt die Sauerstoffproduktion und steigt die CO2-Konzentration. Al Gore demonstriert in seinem Buch und Film „Die unbequeme Wahrheit“ diesen CO2-Anstieg in den letzten Jahrzehnten um das Vielfache gegenüber den vorigen Jahrzehnten. An dieser exponenzial ansteigenden Kurve ist bemerkenswert, dass die CO2-Konzentraion auf der Nordhalbkugel, wo es die meisten Pflanzen und Bäume gibt, jedes Jahr im Sommer sehr stark sinkt, wenn die Bäume belaubt sind.

Seit Jahrzehnten wird auf die Bedeutung des Regenwaldes hingewiesen.

Umweltorganisationen argumentieren meist mit dem Verlust seltener Pflanzen und Tierarten, die es in den wenigen verbliebenen Regenwäldern gibt. Wenn wir uns daran erinnern, dass die Grundsubstanz für die „Pille“ für die Frau zur Verhütung sowie ein neues Antibiotikum aus Regenwaldpflanzen stammt, muss dieses Argument sehr ernst genommen werden.

Aber es geht um wesentlich mehr, nämlich um die Existenz der Menschheit und ihr Weiterleben auf dieser Erdoberfläche. Wir Menschen haben es in der Hand, die Abholzung zu beenden und weltweit mit der Wiederaufforstung zu beginnen.

Ich behaupte: Das Verschwinden der Bäume ist die wichtigste Ursache für den Klimawandel und seine Folgen.  Neuanpflanzung von Bäumen sowie Wiederaufforstung könnten diese ökologische Fehlentwicklung am wirkungsvollsten beeinflussen. Sie wäre die schnellste und wirksamste Methode, diese lebensbedrohliche Entwicklung zu stoppen und umzukehren. Aber z.Z. geht die Ausrottung der Regenwälder weltweit ungebremst weiter, auch in jenen Ländern die das Kyoto-Protokoll von 1999 unterschrieben und die existierenden Regenwälder unter Schutz gestellt haben. Dafür gibt es Beispiele:

  • In Ecuador haben Holzkonzerne 30.000 Hektar Regenwald aufgekauft, alle Harthölzer für Parkett, die Weichhölzer für Sperrholz gerodet, den Rest durch Brandrodung vernichtet und das Land z.T. an Firmen verkauft, die dort Plantagen anlegen für Palmöl zur Herstellung von „Öko“-Dieselöl.
  • In Brasilien werden jährlich mehr als 20.000 Quadratkilometer (!) Amazonaswald vernichtet und die Kleinbauern vertrieben, um Plantagen für Sojabohnen anzulegen, die der Viehmast dienen.
  • In Indonesien wurden 4-5 Mio. Hektar Regenwald in Palmölplantagen verwandelt.
  • In Malaysia: 87 % der großen Waldverluste dienen als Palmölplantagen für „Kahlschlag-Diesel“.

„Deutschland einig Biodieselland“ will vor allem in Niedersachsen die jährliche Produktion von Biodiesel und Importe steigern. Dies obgleich „beim Rapsanbau pro Hektar und Jahr bis zu 3,5 Kilogramm (!) Lachgas (Distickstoffoxyd) freigesetzt werden, das als Treibhausgas 300mal so schädlich ist wie CO2“!

Weitere Beispiele aus den Medien sowie eigene Beobachtungen:

Nicht nur in den Bananenrepubliken wurden Gesetze zum Schutz der Umwelt ignoriert. Auch in Oldenburg ist es vor fünf Jahren einem liberalen Politiker gelungen, die relativ wirksame Baumschutzordnung abzuschaffen, indem er einer Mehrheit von Kleingärtnern der Außenbezirke volle Freiheit der Gartengestaltung versprach. Anlässlich einer Kommunalwahl gewannen sie gegenüber der einsichtigeren Minderheit der Innenstadt, wo seitdem ständig Bäume ersatzlos verschwinden. Diese erfolgreiche Methode hat in unserer Republik zahlreiche Nachahmer gefunden.

Das komplexe Ineinandergreifen von der Abholzung bis zur Verwüstung der Erde kann jeder am Kilimandscharo von weitem beobachten. Er hatte in seiner riesigen Polkappe so viel Schnee und Eis gespeichert, dass unzählige Quellen das Umland in eine fruchtbare, bewaldete Hügellandschaft verwandelt hatten, in der viele Einheimische glücklich lebten. Auch längere Hitzeperioden konnten dem nichts anhaben. Seit der fortgesetzten Waldrodung sind die Berge nun rundum kahl, das offen liegende Gestein erhitzt sich und die Luft so stark, dass inzwischen die Schneekappe bis auf drei Quadratkilometer geschmolzen ist und in wenigen Jahren verschwunden sein wird. Der weithin sichtbare Niederschlag kommt immer seltener. Jenseits von Industrie und Abgasen ist es hier einzig und allein der Verlust des Waldes, der zur Klimaerwärmung geführt hat, die Einheimische sind weggezogen und eine Steinwüste ist entstanden.

Bei uns ist das Umweltbewusstsein relativ weit entwickelt, insbesondere in Westdeutschland, wo das Waldsterben durch sauren Regen, Schadstoffemission, Borkenkäfer und Sturmschäden mit gezielten Maßnahmen umgekehrt werden konnte: Der Baumbestand hat wieder zugenommen.

Andererseits haben die Bodenreformen und landwirtschaftliche Großgeräte die Knicks und Parklandschaften in Ost und West beseitigt und dadurch das regionale Mikroklima verschlechtert. Die Zunahme von Überschwemmungen und Tornados signalisieren, dass es bedenklich ist, den Boden großflächig zu verdichten. So war die Umstellung der Landwirte auf ökonomische Massenproduktion von Monokulturen die falsche Richtung.

Vielmehr sollten wir zu einer wirklich ökologischen Landwirtschaft zurückkehren, die die riesigen Felder für Raps und Mais durch Knicks mit Bäumen unterbricht und die Verdichtung des Bodens durch zu schweres Gerät vermeidet. Landwirte bewirtschaften ein Maximum aller Flächen. Sie sollten zu Ökologen ausgebildet werden, statt zu Ökonomen. Sie könnten das Umdenken sofort in neues Handeln umsetzen mit dem größten Effekt.

Immer wieder finden Klimakonferenzen statt. Nach ersten Absprachen in Montreal 1987 wurde ein Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen vereinbart, das 39 Länder 1992 in Kyoto unterzeichnet haben (Protokoll 1983). Seitdem sind weitere Länder beigetreten. Die UNO konnte danach einen Beschluss zum Schutz der Regenwälder mehrheitlich durchsetzen.

In Berlin war auf der Klimakonferenz Herbst 2006 am Rande auch von Abholzung die Rede; aber überwiegend konzentrierte man sich auf die Reduzierung der Schadstoffemission durch Industrie und Autos, deren Bedeutung unumstritten ist. So auch in Nairobi. Bei der Umsetzung der Beschlüsse setzt sich leider immer wieder die Holzfällerlobby durch, sie nutzt Schlupflöcher oder bewirkt Ausnahmeregelungen.

Wiederaufforstung verbessert das Klima. Der Klimawandel mit Wirbelstürmen und Überschwemmungen darf nicht nur fast ausschließlich auf die Erderwärmung durch Schadstoffemission und Treibhauseffekt zurückgeführt werden, wie es auf der Tagung in Berlin geschah. Denn wir tragen alle dazu bei durch Abholzung der Wälder und Bäume sowie durch Versiegelung des Bodens in allen Städten.

Aber dies darf nicht auf Europa beschränkt bleiben. Vielmehr müssen wir uns dafür einsetzen und daran beteiligen, dass weltweit Wüsten und Gebirge rekultiviert und – nach dem Vorbild von China und Libyen – sie wieder bewaldet werden. Dabei ist Mischwald mit lockerem Boden zu bevorzugen, der jeden Niederschlag aufsaugt, speichert und langsam wieder abgibt. An allen Küsten sollten 3-5 km breite Waldstreifen angelegt werden, die die Feuchtigkeit des täglichen Seewinds auffangen und der Landmasse zuleiten.

Wie Küstenwald das Regionalklima günstig beeinflusst, konnte an Italiens Westküste beobachtet werden, wo ein 5 km breiter Pinienwald sich vor Pisa 20 km lang beiderseits der Arnomündung erstreckt. Er ist teilweise naturgeschützt und unbegehbar, weil die Piniennadeln dort eine dicke saugfähige Schicht bilden.

Nach einem Unwetter, bei dem auf der vorgelagerten Insel Elba Häuser wegschwammen, gab es hier zwar auch starken Regen, aber keine Überschwemmung. Während das Tiefdruckgebiet tagelang über dem Appenin hängen blieb, für Blitz, Donner und Dauerregen sorgte, klarte der Himmel an der Pinienküste jeden Vormittag um 11 Uhr auf und die Sonne schien den ganzen Tag.

Neben diesem Klimaausgleich können Küstenwälder z.B. an der pommerschen Ostseeküste oder auf Inseln (Azoren, Kanaren) in Trockenperioden Wasser speichern: Der nächtliche Landwind schlägt jeden Vormittag um. Weil sich dann das Land stärker erwärmt als die See, gibt es meist ab 11 Uhr einen leichten bis stärkeren Seewind, der stark mit Feuchtigkeit beladen ist, die von den Küstenwäldern aufgesaugt werden.

Was könnten wir sofort tun?

  • Eine Gegenlobby bilden: „Bäume sind lebenswichtig“ und eine Umkehr des ökonomischen in ökologisches Denken einleiten.
  • Jeder kann persönlich mitwirken:
  • für jeden abgeschlagenen Baum zwei oder drei neue pflanzen oder/und
  • auf jeder freien Fläche für Neuanpflanzung sorgen,
  • Versiegelungen durch Grünflächen mit Bäumen ersetzen,
  • Mithelfen, regionale Baumschutzordnung (wieder) einzuführen,
  • Umweltverbände und grüne Parteien dazu bringen, dass sie nicht erst handeln, wenn Schäden entstanden sind, sondern vorausschauend, präventiv und salutogen.

Langfristig können wir in unserem sozialen Umfeld dafür sorgen,

  • dass das Bewusstsein unserer Verantwortung für jeden Baum wächst,
  • dass wir eine Lobby für die sprachlosen Bäume aufbauen und
  • gegen die Verwüstung unserer Erdoberfläche Widerstand leisten,
  • indem wir mit gutem Beispiel vorangehen und
  • mindestens jährlich am Tag des Baumes einen oder mehrere Bäume pflanzen,
  • Stimmen und Mittel einwerben für die Wiederbewaldung von Küsten und Wüsten.

Wann beginnen die reichen Länder, die Verwüstungen der Erdoberfläche zu beenden und sie zu rekultivieren? Wir dürfen nicht vergessen: noch immer stammt jeder Bissen, den wir in den Mund stecken, aus dem wertvollem Erdboden, mit dem wir so unangemessen umgehen. 

Die Zunahme sehr einfühlsamer Landschafts- und Naturfilme lässt hoffen, und es ist zu beobachten, dass sich ein breiteres Bewusstsein für die Bedeutung unserer Lebensgrundlage Natur entwickelt. Aber unsere Regierenden sind zu sehr mit sich und entgegenwirkenden Lobbyisten beschäftigt. Sie haben keine Zeit, vorausschauend zu denken und zu handeln. Es handelt sich um eine unbequeme Wahrheit.

Zitierte Literatur:

Protokoll von Kyoto Voltmedia Paderborn

Al Gore Eine unbequeme Wahrheit (An Inconvenient Truth)

Hilferuf aus der Smaragdprovinz in Regenwald Report, Rettet den Regenwald e.V. Heft 3/2006

Widerstand gegen die grüne Wüste, Indianer fordern die Rückgabe ihres Landes

ARA Magazin Heft 1/2006

Thomas V. u. Vögel R. Ökologische Landwirtschaft in der …; Becksche Verlagsbuchhandlung, München 1989

Kiesewetter Barbara, Bauern stellen um Müller, Karlsruhe 1990

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Gunther Brehme, Redakteur
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