Gesundheitsorientierte Gesprächsführung (GOG)
Einleitung
Ulrich Schwantes und Margareta Kampmann
Was verbirgt sich hinter dem Begriff „gesundheitsorientierte Gesprächsführung“?
Er steht für einen ressourcen- und lösungsorientierten Ansatz im Gespräch mit dem Patienten. Die Idee dazu wurde in den 70er Jahren entwickelt. Die sogenannte Palo-Alto-Gruppe diskutierte kritisch die störungszentrierte Medizin. Wissenschaftler wie Watzlawick, de Shazer, Weakland, Fish und andere stellten fest, dass die eingehende Betrachtung von Problemen nicht zwangsläufig Lösungen nach sich zieht. Vielmehr kostet sie mit einem hohen Arbeitsaufwand viel Zeit und Kraft.
Problem-Lösungen entstehen aber vor allem durch eine kreative Hinwendung zu anderen oder neuen Wegen. Sie wandten diese Idee konsequent in Gesprächen mit Patienten an und suchten nach allgemeingültigen Regeln für die Gesprächsführung. Dabei stellte sich auch bei den unterschiedlichsten Gründen für eine Konsultation, die meist mit psychosozialen Schwierigkeiten gekoppelt waren, eine gleiche Wirkung ein: Lösungen wurden in kürzerer Zeit gefunden und konnten von dem betroffenen Patienten nachhaltiger umgesetzt werden. Dies setzte über die individuellen Veränderungen hinaus, auch noch im sozialen Umfeld des Patienten einen positiven Entwicklungsprozess in Gang.
Die verblüffende Reduktion des Zeitaufwandes – weg von langen, problemfixierten und dadurch kraftraubenden Bearbeitungen, hin zu kreativen Lösungen in oftmals nur wenigen Gesprächen – führte zur Begriffsbildung „Kurzzeittherapie“. Dieser hat sich neben dem Begriff „systemisch-lösungsorientierter Ansatz“ erhalten und findet sich im Titel „Brief Family Therapy Centre“ (BFTC) des in den 80er in Milwaukee gegründeten Instituts von Insoo Kim Berg und Steve de Shazer genauso wieder, wie in „brève thérapie“ von Luc Isebaert in Brügge, Belgien.
Zu Beginn der 90er haben wir auf der Suche nach einem wirksameren Gesprächsansatz für die hausärztliche Betreuung in einer Arbeitsgruppe (Schimansky HC, Schwantes U, Schwantes GM, Gocht H, Püttmann R, Kersting K) diese Erkenntnisse und Erfahrungen aufgegriffen und weiter entwickelt. Der Wandel zum Begriff „gesundheitsorientiertes Gespräch“ (GOG) drückt diese neue Herangehensweise aus. „Lösungsorientiert“ wurde nach unseren Erfahrungen zu dicht am Problem gedacht, und rief wieder eine Art „Problemhypnose“ hervor. Der ansonsten sehr treffende Begriff „ressourcenorientiert“ ist seit über einem Jahrzehnt in einem Gesundheitssystem der explodierenden Ausgaben mit knappen Kassen, Budgets und Regress zu stark mit ökonomischen Inhalten verknüpft. Gesundheit hingegen ist das, was jeder Patient für sich erreichen möchte. Sie ist individuell, einmalig und subjektiv und damit so vielgestaltig wie die Menschen selbst.
Der allgemeine Ansatz für „gesundheitsorientierte Gespräche“ zielt genau darauf ab, der subjektiven Realität des einzelnen Menschen, seinen Fähigkeiten und seiner Kreativität einen breiten Raum zu eröffnen. Dies leitet den sich gegenseitig verstärkenden Prozess ein, persönliche Lösungsansätze zu finden, dadurch die Selbstwirksamkeit zu steigern, die wiederum eine Verbesserung des Selbstwertgefühls bewirkt und damit den Zugang zu weiteren Lösungsmöglichkeiten eröffnet.
Obwohl sich durchaus bestimmte Formulierungen und Abläufe bewährt haben, handelt es sich bei dem „gesundheitsorientierten Gespräch“ nicht um die Anwendung bestimmter Techniken. Es charakterisiert vielmehr die (subjektive) Haltung des Behandlers dem Patienten gegenüber, die von großem Respekt gegenüber dem Anderen und seiner Subjektivität getragen ist. Sie ist darauf ausgerichtet, die Fähigkeiten und die oft verborgenen Ressourcen dem Patienten selbst wieder sichtbar werden zu lassen und damit seinen Entfaltungsspielraum zu erweitern.
Die „Gesundheitsorientierte Gesprächsführung“ ist inzwischen in vielen Weiter- und Fortbildungsseminaren erprobt. Sie knüpft an die vorhandenen Kompetenzen der Ärztinnen und Ärzte an, ist durch hohe Praktikabilität und einen erfolgreichen Transfer in den Praxisalltag gekennzeichnet.
Unterscheidbare Schritte der GOG
GOG kennzeichnet die innere Einstellung dem Patienten gegenüber. Sie lässt sich nicht auf eine reine Technik mit sequentiellen Ablauf reduzieren. Gleichwohl macht es Sinn, einzelne Aspekte im Gesprächsverlauf getrennt voneinander zu betrachten. Die so entstehende Ordnung ist nachvollziehbar, bleibt aber ein Stück weit willkürlich. Man muss sich im Klaren sein, dass viele der nacheinander beschriebenen Schritte sich gegenseitig bedingen und gleichzeitig geschehen können. Auch die hier dargestellte Reihenfolge kann im tatsächlichen Gespräch eine andere sein und von Situation zu Situation variieren.
Die allgemeinen Voraussetzungen zur Gesprächsführung sind bekannt: Schaffen einer geschützten und angemessen Situation, sich dem Patienten namentlich vorstellen und ihn, durch offene Fragen unterstützt, seine Beschwerden ungestört vorbringen lassen.
Dieses ändert sich alles nicht, genauso wenig das sachbezogene Vorgehen (Diagnostik, Therapievorschläge etc.) und die Verständigung darüber.
GOG fokussiert auf folgende Aspekte:
- Beschwerden annehmen und würdigen
- Gegenübertragung wahrnehmen und ausdrücken
- Beziehungsstrukturen klären
- Wertschätzung ausdrücken, Ressourcen erkennen, Nützlichkeit des Gesprächs antizipieren
- Ausnahmen erfragen und Wahlfreiheit verdeutlichen
- Ziele identifizieren und bestimmen
- Schutz des Konzeptes
Die Subjektivität des Behandelnden wird vor allem in den Punkten 1-3 fokussiert, wobei auch diese Zuordnung nur eine Gewichtung darstellt. Die Subjektivität des Patienten steht eher in den Punkten 3-7 im Vordergrund.
Subjektivität des Behandelnden (Schritte 1-3)
Beschwerden annehmen und würdigen
Große Divergenzen entstehen in der Arzt-Patienten-Beziehung bereits dadurch, dass Ärzte viel zu rasch Vorannahmen über die Beschwerden ihrer Patienten auf der Basis medizinischer Konzepte machen. Sicher geht es immer auch um eine Frage, auf die sich der Patient aus dem medizinischen System eine Antwort erhofft. Sonst hätte er gewiss keine ärztliche Konsultation gewählt. Der tiefer liegende Grund ist aber oftmals die Einschätzung der eigenen Situation als besorgniserregend, verunsichernd, kraftraubend, hilflos machend. Dem voraus gegangen sind in der Regel vielfältige Anstrengungen, dem Problem zu entrinnen. Dies emotional zu erfassen, noch bevor eine medizinische Zuordnung erfolgt und die bisherigen Leistungen des Anderen zu würdigen, ist die erste wichtige Aufgabe des Arztes. Er versteht dadurch früh, welche Bedeutung das vorgetragene Anliegen für den Patienten hat, und gewinnt bereits Einblick in dessen Bewältigungspotential. Dem fügt er später seine medizinische Expertise hinzu.
Gegenübertragung wahrnehmen und ausdrücken
Von essentieller Bedeutung ist die Wahrnehmung der eigenen Gefühle, die in der Beziehung zum Patienten, durch sein Verhalten (vorwiegend paraverbal und körpersprachlich) ausgelöst werden. Zunächst ist kategorisch festzuhalten, dass „Nicht-fühlen“ nicht geht – so wenig, wie Watzlawick es über das Kommunizieren formuliert hat.
Im ersten Augenblick einer Begegnung mit einem anderen Menschen kommt es zur Übertragung der Stimmung, die den weiteren Umgang miteinander beeinflusst. Das gilt ebenso für die Arzt-Patienten-Beziehung, auch wenn die ärztliche Sozialisation mehr darauf abzielt, Gefühle zu negieren. Die Annahme, dadurch zu Objektivität zu gelangen, ist allerdings ein Trugschluss.
Jede Beziehung von Menschen untereinander ist gekennzeichnet durch einen unglaublich rasch und zirkulär ablaufenden Prozess des „Sich-aufeinander-Einstellens“. Dieser Vorgang der Passung (v. Üxküll T) prägt die Einschätzung, Bewertung und Deutung im Patientenkontakt.
Modulierend wirken dabei individuelle Merkmale, andernorts als Charakterstrukturen bezeichnet (König K). Wir halten diesen Begriff für belastet, die Möglichkeiten zur Veränderung einschränkend (oder sogar ausschließend) und vor allem deswegen für irreführend, weil die zugehörigen Bezeichnungen ihren Platz in der Kategorisierung von Störungen gefunden haben. Dies wäre jedoch erst bei sehr starker und einseitiger Ausprägung gerechtfertigt. Die gesundheitsorientierte Herangehensweise sieht in den Verhaltensmerkmalen aber vorwiegend ein Repertoire von Fähigkeiten:
Individuelle Fähigkeit | Klassischer Begriff |
Gefühle distanziert betrachten können, sich trotz heftiger Emotionen durch Abspaltung von Gefühlen eine rational orientierte Handlungsfähigkeit erhalten können |
schizoid |
Gefühle bei sich und anderen tief wahrnehmen können, sich (auf andere) einlassen können, sich verausgaben können |
depressiv |
Aufmerksamkeit, ob etwas schädlich/bedrohlich ist; Klugheit im Umgang mit Gefahren |
phobisch |
Beurteilen können, ob etwas richtig/in Ordnung ist; strukturieren können, Aufgaben exakt und bis zum Ende erfüllen können |
zwanghaft |
Sich seines eigenen Wertes sicher sein können | narzißtisch |
Seine eigene (Geschlechts-)Rolle frei und sicher aushandeln können | hysterisch |
Diese Eigenschaften, bedingt durch Veranlagung und prägende Entwicklungseinflüsse, sind bei jedem Menschen unterschiedlich entwickelt. Sie drücken sich vor allem auf paraverbaler und körpersprachlicher Ebene aus und lösen damit beim Gegenüber entsprechende Gefühle aus. Wenn der Arzt diese anflutenden Gefühle als Gegenübertragung und nicht als primär seine eigenen erkennen kann, sind ihm nun Rückschlüsse auf die Verfassung des anderen möglich.
Der daraus folgende nächste, wichtige Schritt ist, diese Gegenübertragung auszudrücken.
Nachdem die subjektive Reaktion auf sein Gegenüber bewusst und dieses Gefühl als durch den anderen ausgelöst identifiziert ist, wird es dem Patienten in angemessener Form mitgeteilt. Der Arzt integriert es dadurch nicht in seine eigene Wirklichkeit, sondern gibt es dem Patienten, ähnlich einem Spiegel, zurück. Die Ebenen der eigenen Wirklichkeit und die der Patienten lassen sich dadurch besser trennen. Die Beeinträchtigung des eigenen Erlebens und der eigenen Lebensgestaltung durch die Belastungen der Patienten wird dadurch vermieden. Damit ist es auch ein wichtiger Teil der Psychohygiene des Therapeuten.
Der Behandler drückt die Gefühle, die er als durch den Patienten induziert wahrnimmt, direkt auf den Patienten bezogen aus: z.B.: „Ich spüre, dass Sie traurig (ängstlich, bedrückt) sind......“. Dabei ist zu beachten, dass manche Gefühlsmitteilungen in unserem Kulturkreis einen vorwurfsvollen Charakter annehmen können. Das gilt besonders für Ärger und Aggression, die besser durch den Begriff „angespannt“ wertfrei mitgeteilt werden.
Gefühle sind z.B. Ärger, Traurigkeit, Hilflosigkeit, Scham, Schuld, Erschöpfung, etc. Etwas lächerlich oder langweilig zu finden oder sich als ganz neutral zu erleben, ist aggressiven Impulsen zuzuschreiben. Da jeder Mensch auf der Grundlage seiner eigenen individuellen Merkmale und Fähigkeiten auf ähnliche Gegebenheiten in ähnlicher Weise reagiert, steht dem Arzt nach einiger Übung und Selbstreflexion somit ein zuverlässiges diagnostisches Instrument zur Verfügung. Das durch den Patienten unmittelbar ausgelöste Gefühl wird allerdings meist durch die eigenen psychischen Verarbeitungsmechanismen sehr rasch verändert (abgewehrt, integriert etc.). Daher sind die initialen, noch ungefilterten Gefühlsreaktionen die entscheidenden Wegweiser.
Beziehungsstrukturen klären
Die im Arzt aufkommenden Gefühle werden auch durch die Beziehungsstruktur, die der Patienten im Kontakt mit dem Arzt wählt, beeinflusst. Ist der Patient lediglich als Besucher ohne Behandlungswunsch in der Praxis (im Krankenhaus) von einem anderen Auftraggeber (z.B. Angehörige) geschickt? Möchte er seine Beschwerden vortragen und erhofft sich Besserung durch das Handeln anderer? Möchte er selbst etwas ändern und sucht dazu die Expertise des Arztes zur Unterstützung? Dies wird in der Regel nicht explizit gemacht, spielt aber für die Gestaltung der Beziehung eine erhebliche Rolle. Wenn der Arzt die Erwartungen des Patienten kennt (Besucher, Klagender, Veränderer) kann er, indem er direkt darauf eingeht, seine Vorgehensweise gezielt darauf abstimmen. Die Beziehungsstruktur ist gleichzeitig Ausdruck des derzeitigen Änderungspotentials des Patienten, seiner Bereitschaft, bereits selbst kreativ nach Lösungen zu suchen und die Eigenverantwortung zu übernehmen.
Subjektivität des Patienten (Schritte 3-7)
Beziehungsstrukturen klären
So wie die Beschwerden, geschildert in Schritt eins, haben auch die Beziehungsstrukturen unmittelbar etwas mit der subjektiven Wirklichkeit des Patienten zu tun. Hier spiegeln sich seine momentanen Möglichkeiten, der Freiheitsgrad seiner Entscheidungsfähigkeit. Die Beziehungsstrukturen beschreiben Phasen in einem dynamischen Prozess. Im Idealfall würde sich ein Patient im Laufe des Gesprächs vom Besucher über den Klagenden, der im Gefühl der Hilflosigkeit gefangen, die Hilfe vor allem durch andere erwartet, zum Veränderer entwickeln, der durch den Arzt in seinen Lösungsbemühungen unterstützt wird.
Nicht zu beachten, in welcher Phase der Patient sich gerade befindet, kann zu Anforderungen an ihn führen, zu denen er ggf. noch nicht bereit und in der Lage ist.
Wertschätzung ausdrücken, Ressourcen erkennen,
Nützlichkeit des Gesprächs antizipieren
Den Blick auf die vorhandenen Fähigkeiten des Patienten ist von zentraler Bedeutung. Das bezieht sich zum einen auf die genannten individuellen Merkmale, die wir ja ausdrücklich nicht unter dem Störungsaspekt, sondern als ein nutzbares Instrumentarium beschrieben haben. Die Nützlichkeit des jeweils individuellen Verhaltens zu sehen, ändert sofort die Bewertung durch den Arzt und den Patienten. Der zunächst problemwärts gewandte Blick kann sich dadurch leichter auf Lösungen richten, es wir einfacher, etwas abzuschließen und Neues zu beginnen.
Zum anderen erleichtert die freundliche Akzeptanz der angebotenen Beziehungsstruktur dem Arzt, gegenüber dem Patienten eine andere Haltung einzunehmen. Die richtige Wahrnehmung, ob jemand zu Gast ist, gerne klagen möchte oder eine Veränderung anstrebt, verhindert Fehlerwartungen und Frustration. Es erspart darüber hinaus die Anstrengungen einer eventuell im Augenblick noch unwirksamen Intervention.
Die ehrliche Wertschätzung durch den Arzt, die besonders durch den Blick auf die Fähigkeiten des Patienten entsteht, hebt in hohem Maße das Selbstwertgefühl des Patienten. Gleichzeitig trägt sie die lösungs- oder gesundheitsorientierte Haltung des Arztes. Sie stärkt damit die Arbeitsbeziehung zwischen Arzt und Patient.
Der Arzt traut dem Patienten eigene Lösungen zu, und hilft ihm, seine eigenen Ressourcen (wieder) wahrzunehmen. Auf dieser Grundlage wird der Patient für sein Anliegen eine ihm entsprechende Lösung finden.
Ausnahmen erfragen und Wahlfreiheit verdeutlichen
Unter der Voraussetzung, dass der Patient an Änderungen interessiert ist, geht es konkret darum, seine Entscheidungsmöglichkeiten zu verbessern. Die verborgenen Ressourcen treten hervor, wenn der Patient erkennt, dass ihm auch bei scheinbar immer wieder gleichen Problemlagen, bereits ein differenziertes Vorgehen möglich war. Nur die ausschließliche Fokussierung auf das Problem lässt eine bestimmte Reaktion als immer wiederholtes Muster erscheinen. Bei umfassenderer Betrachtung zeigt sich aber, dass sich in unterschiedlichen Kontexten auch die getroffenen Entscheidungen bzw. Reaktionsmuster verändern. Selbst im gleichen Kontexten kommt es immer wieder zu Handlungen, die nicht den üblichen entsprechen. Dem Patienten wird bei einer solchen Betrachtung klar, dass er den Situationen nicht hilflos ausgeliefert ist. Er reagiert durchaus den Unterschieden angemessen. Selbst Nuancen machen bewusst, dass ein Spielraum besteht, der genutzt und erweitert werden kann. Es wird deutlich, dass in der Regel zwischen vielen Handlungsmöglichkeiten entschieden wird. Wenn die eine Entscheidung nicht das gewünschte Ergebnis bringt, kann ein alternativer Weg probiert werden.
Viele Realkonflikte sind aber direkt nur wenig zu beeinflussen. Dies richtig einzuschätzen und Lösungen in anderen Bereichen zu suchen, hilft Kraftanstrengungen am unpassenden Ort zu vermeiden.
Ziele identifizieren und bestimmen
Das Vorgehen mündet darin, dass der Patient eigene kleine Ziele erkennen kann. Das wird durch die veränderte Sicht auf seine zuvor als problematisch erlebte Situation erleichtert. Einige Techniken (Skalenfrage, Wunderfrage) dienen dazu, Lösungssituationen vorstellbar und damit spürbar zu machen. In die Zukunft projizierte Änderungsvorstellungen oder Erinnerungen an Vergangenes können psychophysiologische Reaktionen hervorrufen, die ein gegenwärtiges Erleben möglich machen. Die assoziierten Handlungsoptionen helfen zur Zielbestimmung.
Der Blick auf Ausnahmen und die dadurch erkennbare Wahlfreiheit reichen oftmals schon aus. Weil die sich ergebenden neuen Möglichkeiten aus dem Patienten selbst entstehen, ihm also entsprechen, wird er auch mit großer Wahrscheinlichkeit versuchen, sie zu realisieren.
Die aus sich selbst heraus entwickelte Aufgabe erscheint oft als leicht und gut umsetzbar. Überhaupt schafft der Blick auf die eigenen Fähigkeiten und Ressourcen Entspannung und heitere Stimmung. Allerdings erweist sich die Realität häufig als durchaus schwieriger. Eingeübte Gewohnheiten lassen die Bewältigung der Aufgabe anfangs häufiger scheitern. Dass dies nichts Ungewöhnliches ist und kein Versagen bedeutet, sondern mit zu dem begonnenen Entwicklungsprozess gehört, muss dem Patienten mit auf den Weg gegeben werden. Die Angst vor „Rückfällen“ und die damit verbundene Selbstzerfleischung wird reduziert. „Rückfälle“ (das gilt besonders auch in der Behandlung Süchtiger) können als nützlicher Versuch verstanden werden. Dadurch wird das Konzept einer neu empfundenen Selbstwirksamkeit geschützt.
Vermittlung des Konzepts
In Workshops für Therapeuten soll die GOG vorgestellt werden. An Beispielen werden die einzelnen Schritte verdeutlicht. Die Teilnehmer können Patientenfälle aus eigener Erfahrung beisteuern und an ihnen im Rollenspiel die beschriebene andere Haltung einüben.
Anschriften der VerfasserIn
Dr. Margareta Kampmann
Charité Berlin
+49 (0)30 / 450 514 224
+49 30 / 450 514 932
margareta.kampmann(at)charite.de
Prof. Dr. med. Ulrich Schwantes
Facharzt für Allgemeinmedizin u.
Psychotherapie
Charité Berlin
+49 (0)30 / 450 514 092
+49 30 / 450 514 932
ulrich.schwantes(at)charite.de